Es ist Tag
15 im Camphill. Mit frischen Trauben aus dem Dorf neben mir sitze ich in der
Bibliothek von Friends of Camhill India, im Schneidersitz, in der Freizeit wie auch
beim Essen, im Workshop und zum Gebet. Ich esse von einem Teller aus Edelstahl,
der sämtlichen Ausbrüchen der Special Friends gewachsen sind, in etwa dem
Autisten Sathia der, wenn er gereizt ist, alles was ihm in die Finger kommt auf
den Boden wirft und einem europäisch augestatteten Hauhalt sicher schon genug
Scherben für lebenslanges Glück beschert hätte.
Seite an Seite mit Sathia und 23 weiteren Friends lebe ich nun also, 45 Busminuten von Bangalore entfernt, in der kleinen Welt von "Friends of Camphill India". Ich teile meinen Alltag mit 15 Mitarbeitern. In Zeitspannen zwischen 3 Monaten (Volunteer) und 18 Jahren (Gründerin Francis) unterstützen wir unsere Mitbewohner dabei, die Gemeinschaft zu pflegen. Von 6.30h am Morgen bis zur Nachtruhe um 20.30h gestalten wir gemeinsam den Tag, ein Geflecht von Elementen, zu dem ein Jeder beiträgt, sei es das Tischdecken, Abwaschen, Bohnenpulen, Wäsche, oder der Hausputz, von der ersten Tasse Wasser bis zum Nachtgebet hat jeder Bewohner Aufgaben, die wir ebenso begleiten wie die Körperpflege und Freizeitgestaltung.
Zum Alltag gehören, neben dem Reinhalten von Wohnraum und Körper, die Gebete. Sie werden am frühen Morgen, vor jeder Mahlzeit und zur Nachtruhe gesprochen, meist gesungen. Ein Großteil der Gebete sind Mantren, gesungene Gebete auf Sanskrit, deren Aussprache durchaus herausfordend sein kann. Ein morgendliches Mantra ist beispielsweise:
Seite an Seite mit Sathia und 23 weiteren Friends lebe ich nun also, 45 Busminuten von Bangalore entfernt, in der kleinen Welt von "Friends of Camphill India". Ich teile meinen Alltag mit 15 Mitarbeitern. In Zeitspannen zwischen 3 Monaten (Volunteer) und 18 Jahren (Gründerin Francis) unterstützen wir unsere Mitbewohner dabei, die Gemeinschaft zu pflegen. Von 6.30h am Morgen bis zur Nachtruhe um 20.30h gestalten wir gemeinsam den Tag, ein Geflecht von Elementen, zu dem ein Jeder beiträgt, sei es das Tischdecken, Abwaschen, Bohnenpulen, Wäsche, oder der Hausputz, von der ersten Tasse Wasser bis zum Nachtgebet hat jeder Bewohner Aufgaben, die wir ebenso begleiten wie die Körperpflege und Freizeitgestaltung.
Zum Alltag gehören, neben dem Reinhalten von Wohnraum und Körper, die Gebete. Sie werden am frühen Morgen, vor jeder Mahlzeit und zur Nachtruhe gesprochen, meist gesungen. Ein Großteil der Gebete sind Mantren, gesungene Gebete auf Sanskrit, deren Aussprache durchaus herausfordend sein kann. Ein morgendliches Mantra ist beispielsweise:
Om Tryambakam Yajāmahe
Sugandhim Pushtivardhanam
Urvārukamiva Bandhanān
Mrityor Mukshīya Māamritāt (3x)
Sugandhim Pushtivardhanam
Urvārukamiva Bandhanān
Mrityor Mukshīya Māamritāt (3x)
Wir verehren die Höchste Kosmische Wirklichkeit, die überallhin ausstrahlt
und das Wohlergehen aller Wesen bewirkt. Möge diese Höchste Wirklichkeit uns
innerlich reifen lassen, sodass wir die Höchste Unsterblichkeit erfahren.
Ganeshadarstellung im naheliegenden Tempel |
Zentrum im Gebetskreis |
Mittagessen |
Das Essen
wird mit der kleinen Zeremonie von Gebet und dem Ausspruch "Blessings on the Meal" in Ehren gehalten. Die Mahlzeit findet in
Stille statt, sodass jeder konzentriert zu sich nimmt, was er braucht. Durchaus
ungewohnt gegenüber den deutschen Tischmanieren ist zunächst die Abwesenheit
eines Tisches. Wir sitzen auf Strohmatten auf dem Boden, vor uns der prall
gefüllte Teller und beginnen zu essen, sobald uns serviert wird, weder mit dem Beginn des Essens noch mit dem Austehen wird auf die Anderen gewartet. Besteck gibt es
nur zu europäischen Gerichten, das sind im Wochenverlauf genau drei: Porridge
am Samstag und Gemüsesuppe mit selbstgebackenem Brot am Mittwoch und Samstagabend.
Der Porridge ist das einzige süße Frühstück, alle anderen Gerichte sind reislastig,
herzhaft und gut gewürzt, übrigens ausschließlich vegetarisch. Es hat einen hohen
Stellenwert und zeichnet sich außerdem durch höchste Bio-Qualität und Frische
aus. In jeder Mahlzeit steckt die Hilfe der Friends und Mitarbeiter und viel
Energie der drei Köchinnen.
☼
Jeder
Wochentag ist auch ein Arbeitstag. Jeweils zwei Stunden am Vor- und Nachmittag
verwendet die Gemeinschaft auf die Workshops. Hier fließen kreative Herausforderungen
und Schaffenskraft in gemeinsame Arbeit. Garten, Bäckerei und Küche versorgen
die Gemeinschaft, die Werkstätten produzieren Einnahmen. Sie befinden sich im
Haus Panchanga, das eine fünfeckige Form hat. Im Mittelpunkt wird am Morgen gebetet,
umgeben von den fünf Elementen:
Vayu (Luft), die Stoffwerkstatt,
Jal (Wasser), die
Papierwerkstatt,
Prithvi (Erde), die Holzwerkstatt,
Agni (Feuer), die
Kerzenwerkstatt
und Akasha (Äther), der Ausgang.
Produziert
werden die verschiedensten Gegenstände, die immer wieder durch neue Ideen
ergänzt werden, wenn neue Mitarbeiter eine Werkstatt leiten. Auch die Friends
werden einmal jährlich in neue Werkstätten eingeteilt, um ihren Horizont von
Fertigkeiten zu erweitern.
Dabei
brauchen die meisten Friends klare Ansagen. Meine europäische Höflichkeit habe
ich nach wenigen Tagen abgelegt und durch einfachen Satzbau und eine lebendige
Gestik ersetzt, die die Kommunikation mit jedem der Friends ermöglicht, denn
auch zwei taube Ladies habe ich zu betreuen. Welche Behinderung die Friends
haben, weiß ich in den seltensten Fällen, Fälle von Autismus und Trisomie 21
sind auszumachen, doch im Vordergrund steht es, unbefangen an den Menschen
heranzutreten. Tag für Tag stehen für uns neu gegenüber, alle Beteiligten sind
mal krank oder schlecht gelaunt, doch viele sind lange nicht so diplomatisch im
Umgang mit schlechten Tagen, wie ich es von Zuhause gewohnt bin, es gibt
Streit und Geschrei um die täglichen Aufgaben, Weigerungen das Bett zu
verlassen und Konfrontationen mit anderen Friends. Es sind die
Herausforderungen im Alltag von uns Freiwilligen, wenn wir Wege finden müssen,
uns um einen Dickkopf herumzuwinden und den Tagesablauf - und somit das
Wohlbefinden von min. 40 Personen - nicht zu gefährden. Das ist manchmal
frustrierend, öfter Gewöhnungssache und noch öfter lustig. Fast jeden Abend
sitzen die jungen Freiwilligen zusammen und tauschen witzige Momente des Tages aus.
So ziehen die Tage dahin, gefüllt mit der Freude am ständigen Entdecken, Lernen, Verstehen, eine Fülle, die Schwer zu fassen und beschreiben ist.
Kokospalme im Garten: Das Kokosfett wird gewonnen und dient mir zur Körperpflege |
1 Kommentar:
Alles erdenklich Gute für dich weiterhin.
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